Montag, 1. September 2014

Der Münchhausen Titel

Viele Doktoranden finden sich während der Doktorarbeit in Situationen, in denen sie eine Zusammenarbeit mit jemandem bräuchten,
um weiterzukommen.
Diese kann ein Kollege sein, oder der 'betreuende' Professor.
Der Kollege hat meist keine Ahnung von dem Thema seiner Mitdoktoranden, der 'Betreuer' jedoch schon.
(Hoffentlich zumindest.)
Natürlich könnte der Betreuer das Thema der Doktorarbeit auch selber von Anfang bis Ende durchziehen.
Und sehr wahrscheinlich auch viel schneller und effizienter. Also warum tut er es nicht?
Er hat natürlich nicht genug Zeit sich um Alles in allen Projekten selber zu kümmern.
Offensichtlich ergibt sich ein beidseitiger Vorteil, jemandem das Handwerk beizubringen und in dann werken zu lassen.
Ergo soll der Doktorand während der Doktorzeit lernen, selber zu arbeiten/forschen, und dies anhand eines Projekts in Zusammenarbeit
mit seinem Betreuer. Einverstanden?
Dann kommen wir zur paradoxen Wirklichkeit, der Durchführung dieses Systems.
Der Doktorand trifft auf ein Problem, denkt sich mehrere Wege aus, dies zu lösen. Keiner davon hilft ihm weiter.
Keine seltene, und gleichzeitig wichtige Situation für das Heranwachsen des Doktoranden. Was also tun?
Mit dem Betreuer zusammenarbeiten. Mit ihm die bisherigen Gedankengänge erläutern. Und zusammen neue erarbeiten, und dabei
Herangehensweisen gelehrt bekommen.
Auch hier einverstanden?
Nun hat der Betreuer aber keinerlei Lust, sich so tief mit einem Thema zu beschäftigen. Gut, manchmal mag es Zeitmangel sein.
Aber die Forschung eines Professors läuft nunmal zu einem großen Teil über seine Doktoranden, die dadurch herangezogen werden sollen.
Daher sieht die Realität eher aus wie ein paar abspeisende Floskeln, so gute Hinweise wie "Das ist ein Problem, dass sie lösen müssen",
welche natürlich sehr hilfreich und sehr lehrreich sind.
Also sieht die Realität des Systems eher so aus, als würde der Doktorand angestellt, um dem Professor Ergebnisse zu liefern.
Aber wie soll der Doktorand alleine Dinge produzieren, wenn er eigentlich daran erst erlernen sollte, wie er sich selbst so etwas erarbeitet?
Einerseits soll der Doktorand selbstständiges Arbeiten lernen, und andererseits soll er selbstständig arbeiten. Und dann natürlich noch das gewollte
Produkt liefern innerhalb der vorgeschriebenen Zeit.
Wie Doktoranden es also schaffen, sich an ihrem eigenen Schopf selbst aus dem Sumpf zu ziehen, und am Ende noch ein fertiges Produkt
vorzuweisen, ist mir schleierhaft.
Diese paradoxe Aufgabenstellung ohne physische und psychische Schäden zu überleben, scheint mir unmöglich.

Die Folgen dieser Handhabung des Betreuertums sind vielleicht nicht gleich ersichtlich. Aber die nächste Generation weiß es dann nicht besser,
und erzieht wieder und wohl noch ein Stück weiter in diese Richtung. Und spätestens die dritte Generation,
kann keine Probleme mit anderen kommunizieren, und hält von jedem der sich nicht alleine aus dem Sumpf zieht, sagen wir mal, weniger, um es milde auszudrücken.
Aber sie kennen nichts anderes. Sie haben nie Geduld oder ruhige Diskussion gelernt.
Andere schlechter machen, oder tiefer in den Sumpf zu drücken, um sich selbst zu erhöhen, ist das Handwerk, das gelehrt und gelernt wird.

Natürlich gibt es auch Betreuer die bei der obigen Situation die richtige Hilfestellung leisten, wodurch der Doktorand lernt und
das Problem gelöst werden kann - aber es gibt auch vierblättrige Kleeblätter.
Man könnte dagegen argumentieren und sagen, es sind nur die dieses Titels wert,
die bereit sind und es schaffen, sich selbst an ihrem Schopf aus dem Sumpf zu ziehen.
Wie viele Barone namens Münchhausen kennen Sie?
Sagt Ihnen die Stadt Sparta und ihre Bräuche etwas?

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